Gebietsheimische (autochthone) Gehölze und ihre Bedeutung
für die Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Landschaft

Durch die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) im Jahr 2009 wurde die Rechtsgrundlage in diesem Bereich verbessert. Nach dem § 40 Absatz 1 BNatSchG müssen in der freien Natur nun gebietseigene Herkünfte, also Pflanzen oder Saatgut, die ihren genetischen Ursprung in der jeweiligen Region haben, verwendet werden. Nach dem Ende einer zehnjährigen Übergangsfrist ist seit dem 1. März 2020 das Ausbringen von nicht-gebietseigenem Material nur noch mit Genehmigung möglich. Eine Genehmigung kann nicht erteilt werden, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten nicht auszuschließen ist. Durch diese Regelung sollen einer weiteren Florenverfälschung effektiv entgegengewirkt sowie Produktion und Verwendung gebietseigener Gehölze und Saaten gefördert werden. Die Umsetzung der Regelungen des § 40 BNatSchG zu gebietseigenen Gehölzen und Saatgut liegt ausschließlich in der Verantwortung der Länder. *

 

Die Verwendung gebietseigener Herkünfte dient dem Erhalt der genetischen Vielfalt als Teil der biologischen Vielfalt. Sie hat darüber hinaus zahlreiche weitere Vorteile: gebietseigene Herkünfte sind besser an die vorherrschenden Umweltbedingungen angepasst und deshalb meist weniger empfindlich für Umweltänderungen und Störungen. Darüber hinaus können auf bestimmte Pflanzen spezialisierte Tierarten zeitlich mit diesen Pflanzen synchronisiert sein, sodass sich bei einer Verwendung nicht gebietseigener Herkünfte (z.B. aufgrund eines zeitlich verschobenen Blühzeitpunkts oder Blattaustriebs) für diese Arten die Nutzbarkeit der Pflanzen verändern kann.

Gebietseigene Herkünfte beziehen sich generell auf das Saat- und Pflanzgut von Wildpflanzen. Zuchtsaatgut kann demnach nicht gebietseigen sein. Auch das Saat- und Pflanzgut von Neophyten kann aus fachlicher Sicht nicht gebietseigen sein.

Der Begriff „Freie Natur“ im Sinne des § 40 BNatSchG meint nicht nur die unberührte Natur, sondern der Begriff ist als Gegenstück zum besiedelten Bereich zu verstehen. Dabei kommt es auf die tatsächliche Zuordnung an. Freie Natur ist nicht strikt auf den Außenbereich begrenzt, sondern kann unter Umständen auch im Innenbereich vorkommen. Zur freien Natur zählen in der Regel Flächen innerhalb von Schutzgebieten sowie gesetzlich geschützte Biotope, Verkehrswege einschließlich Straßenbegleitgrün und Kompensationsflächen, oberirdische Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Fluss- und Seedeiche sowie sonstige Flächen ohne zusammenhängende Bebauung, etc. Auch größere naturnah gestaltete Flächen in Städten können damit der freien Natur zugerechnet werden, soweit sie keinen direkten funktionalen Zusammenhang zum besiedelten Bereich aufweisen. **




Im Rahmen einer übergreifenden Arbeitsgruppe wurde im Jahr 2012 ein bundesweiter Leitfaden zum Thema „Gebietseigene Gehölze“ entwickelt und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) veröffentlicht. Dieser Leitfaden enthält unter anderem die Abgrenzung von insgesamt sechs Vorkommensgebieten für die kommerzielle Produktion und Ausbringung von gebietseigenen Gehölzen. Zusätzlich wurden von Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg weitere Unterteilungen vorgenommen. Die räumlichen Abgrenzungen der sechs bundesweiten Vorkommensgebiete, sowie der länderspezifischen Unterteilungen, werden zukünftig in einem speziellen BfN-Kartendienst hinterlegt.

Für die Produktion und das Inverkehrbringen von Gehölzen forstlich genutzter Arten, die in Deutschland gebietseigen sind, gelten die Vorgaben des Forstvermehrungsgutgesetzes (FoVG). Bei Arten des FoVG empfiehlt sich zur Auslegung des Begriffs der Vorkommensgebiete im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 BNatSchG eine Orientierung anhand der Hinweise im „Leitfaden zur Verwendung gebietseigener Gehölze“. Für Forstarten mit mehr als sechs Herkunftsgebieten soll die oben dargestellte Einteilung für gebietseigene Gehölze gelten, während für Forstarten mit weniger als sechs Herkunftsgebieten die Herkunftsgebiete nach FoVG gelten sollen. ***

 

Herkunftsgebietskarte für gebietsheimische (autochthone) Gehölze in Deutschland


1 Nordostdeutsches Tiefland 

2 Mittel-und Ostdeutsches Tief- und Hügelland

3 Ostdeutsches Hügel- und Bergland

4 Westdeutsches Bergland mit Oberrheingraben

5 Schwarzwald,  Württembergisch-Fränkisches Hügelland und
   Fränkisch-Schwäbische Alb

6 Alpen und Alpenvorland
 

 

 

 

 

Quelle: Bundesamt für Naturschutz (BfN), 2012;verändert nach Schmidt und Krause (1997)

 

Vorkommensgebiete Baden-Württemberg und Bayern

   BadenWürttemberg

                 

 

                             

   Bayern
Wegweiser zur Karte vom Daten- und Kartendienst der LUBW Baden-Württemberg:
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Quellen:

*   www.bmu.de/themen/natur-biologische-vielfalt-arten/artenschutz/nationaler-artenschutz/regionale-gehoelze
**   www.bfn.de/themen/artenschutz/gefaehrdung-bewertung-management/gebietseigene-herkuenfte.html
***   www.bfn.de/themen/artenschutz/gefaehrdung-bewertung-management/gebietseigene-herkuenfte/gebietseigene-gehoelze.html