Baum des Jahres 2013

Der Wildapfel (Malus sylvestris)
 Eine zähe, empfindliche Schönheit


                                    
 

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Im Jahr 2013 steht eine besonders schöne, aber bis auf den Blütezeitraum unscheinbare und von anderen Baumarten unterdrückte, vom Menschen fast vergessene Wildobstbaumart im Mittelpunkt: der Wild-Apfel, Malus sylvestris. Zwar kennt jeder den Apfelbaum – den Wild-Apfel kennen aber wohl nur die wenigsten, denn er gehört zu den seltensten Baumarten, ist stark gefährdet und steht meist unauffällig im Wald oder am Waldrand. Es gibt viel Interessantes von ihm zu berichten. Anders als bei Wild- und Kultur-Birne stammt der Kultur-Apfel nicht vom heimischen Wild-Apfel ab. Wenn es im Folgenden in erster Linie um den Wild-Apfel geht, soll aber auch immer mal kurz etwas zum Kultur-Apfel gesagt werden, der einer der beliebtesten Haus- und Gartenbäume ist.   
                 



































(Foto: S. Wodarz)



(Foto: S. Wodarz)


















 
 

Habitus
Am Habitus eines Apfelbaumes fällt zunächst auf, dass er meist eine breitere als hohe Krone hat und die Zweige seitlich gebogen filigran ausschwingen. Beim Wild-Apfel stehen sie aufrechter, und wenn er sich im Wald oder am Waldrand zum Licht recken muss, entwickelt er schlankere und aufrechtere Kronen als der Kultur-Apfel. Ein Apfelbaum ist etwas ästhetisch sehr Ansprechendes und vor allem zur Blütezeit eine Augenweide.

Zweige - auffallend "störrisch"
Die Kurztriebketten haben die vorübergehende wichtige Aufgabe, neben Blättern vor allem viele Jahre die Blüten und Früchte zu entwickeln. Nach einigen Jahren geraten sie aber zunehmend in den Schatten der außen weiterwachsenden Krone und sterben schließlich ab. Dann bleiben sie vertrocknet an den Ästen oder am Stamm zurück und können sehr unangenehm stechen oder kratzen. Dabei hat der Wild-Apfel im Gegensatz zur Wild-Birne keine spitzen Triebdornen, sondern die Kurztriebe haben ein dünnes stumpfes Ende, sie sind aber so steif, dass sie im Gegensatz zu anderen Baumarten beim Berühren nicht abbrechen.

Rinde / Stamm/ Höchstalter
Die Rinde des Apfelbaumes ist dick-schuppig, die Borkeschuppen sind unregelmäßiger geformt als beim Birnbaum. Oft erkennt man an den Rindenstrukturen ausgeprägten Drehwuchs des Stammes, und alte Apfelbäume werden schnell hohl. Dann würden manche von Ihnen vielleicht gleich ans Absägen denken, aber halt! denn jetzt werden die Bäume eigentlich erst richtig interessant (solange sie nicht gefährlich durch Umfallen oder Abbrechen werden können): achten Sie doch mal bei alten Kulturapfelbäumen mit dem Blick eines Holzkünstlers auf den Stamm – da finden Sie wahre Natur-Kunstwerke, und Künstler können aus solchen alten hohlen, drehwüchsigen Stämmen die schönsten Skulpturen herstellen.

Stammdicke und Alter
Alte Apfelbäume können Stammdicken (Durchmesser in Brusthöhe) von etwas mehr als 50 cm, ausnahmsweise fast einem Meter erreichen – der dickste mir persönlich bekannte Wild-Apfelbaum steht bei der sächsischen Uhrmacherstadt Glashütte und hat 1,10 m Stammstärke, das ist aber etwas ganz Besonderes.

Blüte
Der Höhepunkt im Jahreslauf eines Apfelbaumes ist zweifellos der Blütezeitraum: wer von Ihnen kennt und liebt sie nicht, die angenehm duftenden, beim Aufgehen rot oder rosa leuchtenden Blüten, die sich dann bei voller Blüte aufhellen, z.T. bis zu einem strahlenden Weiß? Der Apfel blüht kurz nach dem Blattaustrieb, i.d.R. Ende April oder Anfang Mai nach den anderen Haupt-Obstbaumarten Zwetschge, Birne und Kirsche, es kann in einzelnen Jahren auch mal gleichzeitig mit Kirsche oder Birne stattfinden. Die Blüte erfasst beim Wild-Apfel nicht jedes Jahr die gesamte Krone, da viele Äste nur alle 2 Jahre blühen und sie sich in der Krone z.T. abwechseln. Durch die Blüte können Ihnen Wild-Äpfel im Wald dann auch auffallen, oft werden sie sogar überhaupt nur dann und dadurch entdeckt, wenn am Waldrand oder im Waldesinneren etwas von weitem plötzlich weiß leuchtet.

"Ballonstadium"
Als "Ballonstadium" bezeichnet man das kugelförmige Blütenaussehen unmittelbar vorm Öffnen, kurz bevor die Kronblätter einzeln sichtbar werden. Wenn Sie mal darauf achten, werden Sie den Begriff sofort verstehen. Die Bestäubung wird von Bienen, Hummeln und anderen Hautflüglern übernommen, die Insekten sind dann ziemlich scharf auf den Nektar des Apfels, da die anderen Obstbaumarten meist schon verblüht sind. Die Blütezeit dauert eine Woche, bei großer Hitze auch mal nur wenige Tage – also aufpassen!

Früchte / Herbstfärbung / Wurzeln
Die gelblich-grünen Früchte sind im September/Oktober reif und  erinnern zwar an Äpfel, sind aber deutlich kleiner und runder als beim Kultur-Apfel sowie frisch ungenießbar herb und hart (daher der zweite deutsche Name Holz-Apfel). Das ist bei der Wild-Birne ja genauso. In gedörrtem oder gekochtem Zustand sind die Holzäpfelchen dann aber schmackhaft und aromatisch.

Die Herbstfärbung der Blätter ist gelbbraun bis graugrün, also unauffällig.

Die Wurzeln entwickeln ein Herzwurzelsystem bis etwa 1 m Bodentiefe und machen beim Wild-Apfel Wurzelbrut (Schösslinge aus oberflächennahen Wurzeln).

Großes Verbreitungsareal - lichtbedürftig
Das natürliche Areal des Wild-Apfels erstreckt sich über fast ganz Europa, bis auf Nordskandinavien, Nordrussland und Teile Spaniens und Griechenlands. Obwohl es ziemlich groß ist, findet man ihn selten, da er so konkurrenzschwach gegenüber anderen Waldbaumarten ist, dass er meist untergeht. Daher begegnet man ihm am ehesten einzeln oder in Kleinstgruppen an Waldrändern und in Ecken des Waldes, die nicht vollflächig bewirtschaftet werden. Was er klimatisch abkann, zeigt z.B. sein natürliches Vorkommen bis um St. Petersburg.

Holzäpfelchen - Lebensraum
An die Nährstoffe des Bodens hat der Wild-Apfel keine besonderen Ansprüche (im Unterschied zum Kultur-Apfel), auch mit Trockenheit kommt er einigermaßen zurecht; der Kultur-Apfel hingegen benötigt eine bessere Wasserversorgung, denn er soll ja für uns die viel größeren Früchte produzieren – daher ist eines der Hauptanbaugebiete des Kultur-Apfels das Alte Land westlich von Hamburg, elbnah mit hoch anstehendem Grundwasser. Der Wild-Apfel dagegen kommt sogar auf Felsschutt und sonnigen Abhängen vor. Auch Winterfröste bis -25° sind für ihn kein Problem, Spätfröste führen wegen seines späteren Austreibens viel seltener zu Schäden als z.B. bei Kirsche und Nussbaum.

Holzäpfelchen
Die Holzäpfelchen sind bei Wild, Kleinsäugetieren und Vögeln beliebt, welche die Samen nach dem Verzehr entfernt vom Mutterbaum absetzen, im Idealfall irgendwo am Waldrand. Die jungen Bäume werden gerne vom Wild verbissen, da sie etwas Besonderes sind. Die Blüten sind eine Bienen- und Hummelweide. Auch für Pilze sind Apfelbäume ein wichtiger Lebensraum, z.B. für den Feuerschwamm und den Zottigen Schillerporling.

"Holzäppel-Gebirge"
Das "Holzäppel-Gebirge" befindet sich im Osterzgebirge um Geising und Glashütte, wo in einer Höhenlage bis etwa 800 m noch fast 1.000 Wildäpfel in den Wäldern und auf Steinrücken vorkommen und gepflegt werden (www.wildapfel.info).

Holz - beliebt bei Kunsttischlern und Drechslern
Das Holz des Apfelbaumes spielt aufgrund der geringen Mengen und der kurzen, dünnen und krummen Stämme keine Rolle für die wirtschaftliche Nutzung, es ist aber wegen seines rötlich-braunen Kernes bei Kunsttischlern und Drechslern begehrt und gesucht. Es ist hart und schwer, und wurde daher früher z.B. für Zahnräder von Uhren und Holzschrauben verwendet.

Verwendung und Heilkunde - Früchte
Die Früchte des Wild-Apfels sind für die Nutzung zwar bisher nicht bedeutend, allerdings gelten sie unter Kennern als Naturapotheke: so kann man daraus nach ihrem Trocknen Tee gegen Erkältungen, Fieber, Durchfall u.a. herstellen, die "Huldsäbbln" sind z.B. unter den Erzgebirglern als Ersatz für Antibiotika und Grippeschutzimpfung geschätzt. Wenn das nicht hilft, lässt sich auch ein Brand daraus herstellen, oder Eis und Gelee...

Kulturgeschichte
Die Kulturgeschichte des Apfelbaumes reicht mindestens 2.000 Jahre zurück, bereits bei den alten Römern waren Kultur-Äpfel dokumentiert. Allerdings gingen sie von anderen (asiatischen) Wildarten aus, nicht vom europäischen Wild-Apfel, und bis heute hat nur eine moderate Durchmischung der Gene zwischen Wild- und Kultur-Apfel stattgefunden, die Bastardierung ist also begrenzt – ein großer Unterschied zur Wild- und Kultur-Birne.

Mythologie
In der Mythologie hat der Wild-Apfel aufgrund seiner Seltenheit keine große Bedeutung, der Kultur-Apfel dagegen ist in Mythen, Symbolik und Volkstum verbreitet wie keine andere Frucht. 


(Quelle: Dr. Silvius Wodarz Stiftung - Baum des Jahres / Auszüge aus dem Text von A. Roloff /
  Bilder: A. Roloff)
 

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